Traumdeutung - Verwandlungen
Die Verwandlung ist eigentlich die ureigene Domäne des Traums, denn Träume sind im Grund Verwandlungen, und der Traum, dass sich ein Gegenstand in einen anderen verwandelt oder eine Person plötzlich ihre Identität wechselt, ist sehr häufig. Wenn wir von einer Verwandlung träumen, ist ein Nachdenken über einen bestimmten Lebensbereich angebracht, der mit dieser Szene in Verbindung steht, denn dieser ist nicht mehr aktuell oder bereitet uns im Wachleben Kummer, so dass wir uns nach einer Umwandlung der Situation sorgen. Träumen wir etwa davon, dass uns plötzlich Flügel wachsen und wir zum Vogel werden, der in die Luft fliegt, so bedeutet dies, dass wir im Wachleben zu viele Probleme haben und uns gern mal schwerelos fühlen wollen. Sehen wir im Traum ein festes Stück Eisen weich und zuletzt sogar flüssig werden, so deutet das darauf hin, dass wir gegenwärtig mit Härte nicht durchkommen, sondern Diplomatie anwenden müssen. Verwelken uns schöne Blumen in der Hand und werden unvermittelt zu Staub, so scheitert eine Liebe.
Verwandlungsträume sind ernst zu nehmen und genau zu deuten, da sie wertvolle Hinweise für unser Leben enthalten. Es kommt darauf an, genau hinzusehen, welche Form zuerst da ist und in welche Form sie verwandelt wird, was also Ausgangspunkt und was Endprodukt der Verwandlung ist. Der Ausgangspunkt markiert oft unser jetziges Ich, das Endprodukt einen Zustand in der Zukunft, den wir entweder wünschen oder fürchten. Psychologen beschreiben diese Tätigkeit unserer Fantasie, im Traumleben alle erdenklichen Gestalten zu sehen und diese in steter Umwandlung zu erleben, entweder als so genannte Verschiebung oder auch als Ausdruck unseres kollektiven Unterbewusstseins. Eine psychologische Verschiebung liegt dann vor, wenn wir im Traum uns selbst oder andere Personen plötzlich in anderer Form sehen, etwa uns selbst als fleißige Biene oder den faulen Kollegen als trägen Hund. Verschiebungen im Traum können lustig und scherzhaft sein und uns – wie Karikaturen – an typische, wenn auch ungeliebte, Wesenszüge von uns selbst oder Anderen erinnern, die überzeichnet oder symbolisch ausgedrückt werden. War nicht die Schwiegermutter schon immer eine Ziege?
Es gibt jedoch auch Verschiebungs-Träume, die nicht humorvoll sondern sehr bedrückend sind, ein Beispiel dafür nannte der berühmte Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung, wenn sich eine Haremsfrau im Traum als Gazelle sieht, die in einem Netz gefangen ist. Diese Schlafvision bedeutet, dass die vermeintliche Gazelle die Frau selbst repräsentiert, die sich im Netz einer häuslichen und frauenfeindlichen Gefangenschaft nicht mehr bewegen kann. Solche Verschiebungen sind ein Effekt unserer Ängste und stellen einen Hilferuf der Seele dar, die uns auf Missstände hinweisen will. Kommen Verschiebungen im Traum häufiger vor und sehen wir uns öfter in der Rolle eines Wesens, das irgendwie benachteiligt oder gefangen ist, sollten wir diese Warnung beachten und uns überlegen, wie wir in unserem persönlichen Alltag wieder mehr Freiheit und Selbstverwirklichung leben könnten.
Manchmal stammen Verschiebungen und Verwandlungen im Traum auch aus dem so genannten kollektiven Unterbewusstsein und machen uns mit Gestalten des Mythos und der Legende vertraut. Fabelgestalten sind im Zusammenhang mit dem Thema Verwandlung im Traum sehr typisch. Es kommt häufig vor, dass auch ansonsten nüchterne Erwachsene plötzlich von Feen oder Hexen träumen – solche Träume sind nicht allein dem Kindesalter vorbehalten. Feen erfüllen Wünsche – haben Sie derzeit einige? Oder würden Sie gern die Realität märchenhaft verschönern? Hexen gelten als bösartig und hinterlistig; Freud sah sie als eine Art verzerrte Mutterfigur, die die Angst des Kindes, allein gelassen zu werden, repräsentiert. Wenn Sie von Hexen träumen, könnte es sein, dass Ihre Beziehung zur eigenen Mutter oder einer Mutterfigur im Wachleben eine Erneuerung benötigt. Es könnte jedoch auch sein, dass dieser Traum Sie mit Ihren eigenen, „hexenhaften“ Zügen in Kontakt bringen will – mit Ihrer verdrängten Seite, in der die so genannten negativen Emotionen sind, also dem „Schatten“ genannten Persönlichkeitsanteil.
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