Traumdeutung - Anatomie
Der menschliche Körper ist die Trägersubstanz unseres Bewusstseins und spielt daher auch eine große Rolle beim Träumen. Wir nehmen sogar in der Schlafphase Bewegungen, Geräusche und Temperaturen im Schlafraum wahr; so kann ein Traum von einer tickenden Uhr zum Beispiel daher stammen, dass wir gerade unseren eigenen Herzschlag hören; ein Traum von Eis kann das Kälteempfinden symbolisieren, wenn uns die wärmende Decke im Schlaf weggerutscht ist. Doch nicht jeder Traum, der den Körper oder seine Empfindungen zum Inhalt hat, ist unmittelbar mit dem Erleben des eigenen Körpers verbunden. Die Anatomie ist Motiv vieler Träume – entweder sehen wir uns selbst im Traum (so, wie wir wirklich aussehen, oder auch verfremdet) oder wir erkennen andere Menschen. Der Körper hat hierbei symbolisch die Funktion, auszudrücken, wie es um unsere Gefühle steht oder welche Eigenschaften wir haben oder haben möchten. Wenn wir im Traum zum Beispiel einen großen Daumen haben, kann es sein, dass die Arbeit im Wachleben Überhandnimmt – können wir schlecht stehen, haben wir vielleicht einen so genannten „schweren Stand“ im Alltag. Sehen wir im Schlaf Personen mit unverhältnismäßig großem Kopf, will unser Traumbewusstsein uns sagen, dass sie ein aufgeblähtes Ego haben, denn der Kopf ist anatomisch der Sitz des Egos. Psychologisch gedeutet, ist jeder Teil unserer Anatomie ein Ausdruck für eine bestimmte Verhältnislage im Zusammenhang mit unserer Umwelt und unseren Mitmenschen. Viele Deutungen von Träumen, die mit dem Körper zu tun haben, entsprechen der Wissenschaft der Psychosomatik, indem der Körper „ausdrückt“ oder „ausspricht“, was der Seele gerade zur Last fällt.
Der Kopf bedeutet im Traum das Ego – haben wir vielleicht einen anderen Kopf auf als im realen Leben? Was der „Eselskopf“ bedeutet, weiß jeder. Wenn wir im Traum Menschen mit Tierköpfen sehen, bedeutet das, dass diese Menschen Eigenschaften besitzen, die man gewöhnlich dem entsprechenden Tier zuschreibt, also zum Beispiel Schläue beim Fuchs, Trägheit bei der Kuh, Pfiffigkeit und List beim Vogel. Die Augen gelten nach Ansicht der antiken Traumdeuter als Spiegel der Seele und weisen darauf hin, ob wir es mit guten oder schlechten Menschen zu tun haben. Kleine Augen bedeuten List, große und strahlende Augen Erfolg und Glück. Die Nase ist ein Kennzeichen der Persönlichkeit: eine krumme Nase gilt als nicht vertrauenswürdig, eine spitze Nase gilt als Ausdruck eines unreifen und unverantwortlichen Menschen. Stecken wir vielleicht – nicht nur im Traum – unsere Nase gern in fremde Angelegenheiten? Haare sind im Traum Signale unserer erotischen Wünsche oder Vorlieben – wenn wir uns oder andere Personen mit rotem Haar sehen, deutet das auf Leidenschaft hin, weißes Haar bedeutet Erlöschen der Gefühle, aber auch Weisheit. Kahlgeschorene Köpfe verheißen nichts Gutes im Traum – so behandelte man früher die Verbrecher. Die Brust bedeutet bei der Frau die nährende, sensible Seite der Seele, beim Mann Durchsetzungsvermögen. Lehnt sich jemand an Ihre starke Brust oder möchte jemand gestillt werden? Vielleicht Sie selbst oder Ihr so genanntes „inneres Kind“?
Die Arme sind gleichsam unsere Werkzeuge, mittels derer wir in Kontakt mit der Außenwelt treten. Sind wir im Traum mit starken Armen ausgestattet, so heißt das auf der Symbolebene, dass wir im Alltag unsere Herausforderungen meistern können, doch sehen wir uns träumend an den Armen bandagiert oder sind die Arme sogar gebrochen, könnte es uns an Stärke im Alltag fehlen – wir fühlen uns gehemmt und ausgebremst. Finger besehen verkündet nach alten Traumdeutungsbüchern Streit. Auch hier gibt es sprichwörtliche Assoziationen: „lange Finger“ im Traum bedeuten Diebesgut oder ein diebisches Verhalten, eine starke und wohlgeformte Hand weist auf Tatendrang hin. Die Beine kennzeichnen die Art und Weise, wie wir uns im Leben bewegen und wie schnell wir unseren Lebensweg bewältigen. Lange Beine im Traum zu sehen oder zu haben ist ein gutes Omen; kurze oder krumme Beine hingegen deuten auf einen schlechten Charakter der Person hin, der sie gehören. Träume von Geschlechtsteilen sind recht selten; sogar in explizit erotischen Träumen sind sie selten unmittelbar zu erkennen. Wenn sie doch vorkommen, ist die Bedeutung einerseits offenkundig, kann jedoch auch – da Sexuelles und Seelisches von jeher im menschlichen Bewusstsein verbunden ist – eine spirituelle Ebene eröffnen, in der die Sexualkraft Ausdruck eines kosmischen Geschehens ist.
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