Eberraute

Fast in Vergessenheit geraten ist heute die Eberraute, ein kleines einheimisches Würzkraut, das durch seinen Namen „artemisia abrotanum“ verrät, dass es aus derselben Pflanzenfamilie stammt wie seine bekannteren Geschwister Wermut und Beifuß, beides magische Kräuter mit langer Tradition. Die Eberraute hat silbrig-grüne Blätter, grüngelbe Blüten und einen wunderbar feinen, zitronenartigen Geruch, schmeckt aber sehr bitter und wird deshalb üblicherweise nicht gegessen, sondern getrocknet und als natürlicher Duftstoff oder Aroma verwendet. Man hat früher, als es noch nicht so viele Parfums oder gar keine industrielle Kosmetikherstellung in großen Mengen gab, oft Eberraute verwendet, um Bäder zu parfümieren, oder man trug Eberraute unter einem Mieder, um den Körper unaufdringlich, aber angenehm zu beduften. Es gab auch den Brauch, die Eberraute an bestimmten Tagen – der Mondstand spielte eine Rolle – zu ernten, zu trocknen und kunstvoll zu flechten, und diese Flechten dann unter der Kleidung an sich zu tragen, um jeden Tag gleichsam ein natürliches Deodorant zu besitzen. Dieser Brauch diente aber in magischen Zeiten nicht nur der Körperpflege, sondern war auch mit Anziehungskraft verbunden, denn die Eberraute sollte einerseits vor Verzauberung schützen, andererseits aber auch selbst mit besonderer Kraft versehen, denn wer die Eberraute schnupperte, sollte seiner Trägerin angeblich in unsterblicher Liebe verfallen. Ob das tatsächlich gewirkt hat, wissen vielleicht nur noch unsere Ur-Urgroßmütter, denn in neuerer Zeit wurde dieses klassische Lockmittel dann doch durch andere Stoffe ersetzt…


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